Slava setzt das Messer an und man glaubt es schon zu hören – dieses typische „Tacktacktack“, wie es nun mal das Markenzeichen von spektakulären Köchen zu sein scheint. Und Slava Khaztchenko ist als solcher angekündigt worden, einer mit jahrelanger Erfahrung im VIP- und Eventbereich. Aber das harte nähmaschinenartige Klackern des riesigen Messers bleibt aus.
Stattdessen fährt der Kasache ganz zart mit der Spitze in die Haut der zurechtgelegten Paprika, von der noch ein paar Wassertropfen perlen. Trennt vorsichtig die Kappen des Gemüses ab, zerschneidet es in zwei Längshälften und erst dann kommt es: das Hämmern des Handwerkzeugs.

Während die Schneide im Stakkato kleine Paprikastreifen hackt, schieben die kräftigen Hände des Küchenkünstlers die frische Frucht Millimeter für Millimeter weiter. Bis die erste Zutat eines leckeren Salats mit Gurke und Frisée auf dem Brett liegt.
Internationale Kocherfahrung
Küchenkünstler: Zu einem solchen wurde der Kasache im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte, die er bei einem Top-Eventcaterer in der kanadischen Stadt Montreal als Mitarbeiter absolvierte. Nach diversen Stationen in seiner Heimat war er in den Neunzigern über den großen Teich ausgewandert. Dort folgten Heirat, Vaterschaft, Ausbildung zum Koch und die Arbeit.
„Ich war bei einem der bedeutendsten Caterer Kanadas beschäftigt. Wir waren im Einsatz bei Empfängen des Ministerpräsidenten, für den Cirque du Soleil oder das internationale Jazzfestival. Ich habe sehr viel gelernt.“
Khatchenko erzählt in mehreren Sprachen von seinen Erfahrungen – er wechseltvom Englischen ins Französische, streut etwas Deutsch ein, bevor ihm ein russischer Satz entfährt.
Der Liebe wegen nach Deutschland
„Mein Deutsch ist noch nicht sehr gut, denn ich bin erst seit eineinhalb Jahren hier.“ Es war die Liebe zu einer Russin aus Ludwigshafen, die ihn nach der Trennung von seiner ersten Frau zurück über den Atlantik zog. Und damit über Umwege in die KORIAN-Einrichtung.
„Erst habe ich eine Zeit lang in Restaurants gearbeitet, aber die Schichtzeiten haben ständig gewechselt und so kann man kein normales Leben führen“.
Er erfuhr von der Stelle im Mathildenhof. Bewarb sich. Stellte sich vor, rückte an mit seinem kompletten Messerset, wurde genommen. Und darf wieder Küchenkünstler sein. Für Menschen, die seine Arbeit würdigen. Mit Kollegen, die von ihm lernen können. Und zu Arbeitszeiten, die human sind.
„Ich bin sehr zufrieden hier“, sagt Slava, wie ihn alle nennen, und blickt ganz kurz nach oben übers hämmernde Messer, „hier habe ich die Stabilität gefunden, die für mein Leben wichtig ist.“
Individualität trotz zentraler KORIAN-Vorgaben
Zwar ist der Speiseplan zentral ausgearbeitet und seine Bestandteile – wie etwa
Cordon Bleu – werden geliefert, aber es bleiben Interpretationsspielräume. Wer dann noch so viel Leidenschaft und Erfahrung mitbringt wie Slava, macht umso mehr aus diesen Spielräumen. Etwa bei den Saucen, den Beilagen, den Salaten. Oder kleinen Grillveranstaltungen.
Zudem gibt es den KORIAN-Thementag. Einmal pro Monat heißt es im Mathildenhof: französisches Frühstück, italienische Momente oder bulgarische Spezialitäten. „Wir nutzen da sozusagen unsere natürlichen Ressourcen, also die Menschen, die hier arbeiten und uns mit dem, was sie aus ihrer Heimat kennen, bereichern“, sagt Einrichtungsleiter Marc Weingartner, der sehr froh ist über den neuen Kollegen im vierköpfigen Küchenteam.
Und es gibt die Obstschnitzkunst: Khaztchenkos Spezialität. Während wir reden, hat er schon eine Melone schnitzend in eine riesige Blumenknospe verwandelt, aus Pfirsichen kleine schmetterlingsartige Gebilde gezaubert, Ananasschiffchen angefertigt und ist jetzt dabei, mit einem Zickzackschnitt einer Honigmelone zu Leibe zu rücken.

Er wirkt selbstvergessen und gleichzeitig hochkonzentriert, die Handgriffe sind rund und ökonomisch. „Mein Credo ist schnell, schön und schmeckt“, sagt er und zieht dabei das Gesicht zu einem Grinsen so in die Breite, dass von den Augen kaum mehr etwas zu sehen ist.
Slava Khaztchenko hat bei KORIAN seinen Platz gefunden. Auch, weil er sich besonders gut in seine Restaurantgäste einfühlen kann. „Ich respektiere sie“, sagt der Koch und verweist auf seine 80 Jahre alte Mutter. „Du musst mit Freude am Werk sein und wenn du mit Passion für diese Menschen arbeitest, wirst du später selbst so behandelt, wenn du mal ihren Platz einnimmst“.
Schmeckt’s jedem? „Das ist mal so, mal so“, sagt er und verzieht zunächst keine Miene. „Ich sage immer, jeder hat seinen eigenen Geschmack. Deshalb bleibe ich beim Würzen in einem mittleren Bereich. Dafür gibt es ja das Salzfässchen“. Kleine Pause. „Man kann es benutzen.“ Das Gesicht hat sich bewegt. Und wieder ist von den Augen wenig zu sehen.