„Bei Ihnen wurde Asthma diagnostiziert. Bevor wir Sie nach Hause entlassen, informiere ich Sie noch über das Krankheitsbild sowie über Möglichkeiten, wie Sie weitere Anfälle vermeiden können. Ihrer Anamnese entnehme ich, dass Sie in einer Tierhandlung arbeiten. Zudem raucht ihr Vater. Sowohl Tierhaare als auch Zigarettenrauch können die Atemnot verstärken. Deshalb sollten Sie versuchen, diese Auslöser zu vermeiden oder zu reduzieren“, erklärt Carola Höfs der 20-jährigen Jeremy.
In der Ecke sitzt Sophia Warneke. Sie bedankt sich bei Höfs: „Du kannst jetzt wieder zu den anderen gehen. Wir rufen Dich dann zur praktischen Prüfung. Bitte sag gleich der nächsten Kandidatin Bescheid.“ Jeremy bleibt indes sitzen. Sie wurde als Schauspielerin extra für den Endentscheid gecastet.
Carola Höfs und neun weitere junge Damen gehören zur Deutschen Nationalmannschaft Pflege. Sie alle haben sich in Berlin eingefunden, um zu ermitteln, wer von ihnen den Anforderungen gewachsen ist und das Land bei den Euro-Skills – der Europameisterschaft der Berufe – in Graz zu vertreten.
Sophia Warneke hat während des Informationsgespräches fleißig mitgeschrieben. Die 26-Jährige gelernte Altenpflegerin ist hauptberuflich bei KORIAN für das betriebliche Gesundheitsmanagement zuständig. Einen Großteil ihrer Freizeit verbringt sie jedoch als stellvertretende Bundestrainerin der Nationalmannschaft Pflege damit, die jungen Pflegekräfte auf die Europameisterschaft und Weltmeisterschaft der Berufe vorzubereiten.

In jedem Jahr findet die vom „Deutschen Verein zur Förderung pflegerischer Qualität e.V.“ ins Leben gerufene „Deutsche Meisterschaft der Pflege“ statt. Hier stellen sich die besten Auszubildenden aller Pflegeschulen dem Wettbewerb. Wer sich durch eine Multiple-Choice-Klausur, bestehend aus 50 Fragen aus der Alten- und Krankenpflege, qualifiziert, wird zum Endausscheid nach Berlin eingeladen. Dort muss sowohl eine Pflegeplanung als auch eine Theorie- und Praxisprüfung abgelegt werden.
Die Nationalmannschaft Pflege nutzt diesen Wettbewerb für die Rekrutierung neuer Teilnehmer*innen. Die jungen Talente haben die Möglichkeit, sich für die internationalen Wettbewerbe „EuroSkills“ und „WorldSkills“ zu qualifizieren. Die Anforderungen sind hoch. Die Schüler müssen neben herausragenden theoretischen und praktischen Leistungen auch gute Englischkenntnisse vorweisen, da die Meisterschaften in englischer Sprache stattfinden. Zudem dürfen sie am Tag der Weltmeisterschaft nicht älter als 22 Jahre und bei den Europameisterschaften nicht älter als 25 Jahre sein. Der Sieger dieses Wettbewerbs trägt dann den Titel Weltmeister beziehungsweise Europameister.
Auch Sophia Warneke hat sich der Herausforderung schon gestellt. 2015 nahm sie an der Weltmeisterschaft in São Paulo teil. Im Jahr 2016 erreichte sie den dritten Platz bei den Europameisterschaften in Göteborg. Seit 2017 gibt sie als Trainerin ihre Erfahrungen auch an die jungen Pflegetalente weiter. Das Training der Teilnehmer*innen erfordert für alle viel Engagement. Drei bis vier Tage im Monat werden darauf verwendet.
Und was motiviert junge Menschen dazu, ihre Freizeit zu opfern? „Ich möchte mich gerne beweisen und dazu beitragen, das Image des Pflegeberufes zu verbessern“, so Carola Höfs. Die 23-Jährige aus Mecklenburg-Vorpommern arbeitet in der Notaufnahme eines Klinikums und möchte gerne Ärztin werden. Warum sie trotzdem für die Nationalmannschaft Pflege startet? „Ich werde immer eine `Schwester` sein“, sagt sie lächelnd.